Lost Identity: Aus dem Dorf auf die Tomorrowland-Bühne

Lost Identity: Aus dem Dorf auf die Tomorrowland-Bühne

Der Traum jedes elektronischen Jung-DJs hat sich für Sebastian und Marius vom Niederrhein in diesem Jahr verwirklicht. Die unter dem Stagenamen Lost Identity auftretenden Parookaville Residents dürfen in diesem Jahr auf dem sagenumworbenen Tomorrowland-Festival im belgischen Boom auflegen. Vom Dorf auf die große Bühne: Im Interview verraten Lost Identity, wie dieser Coup möglich war.

Ihr seid zwei Jungs vom Land, vom Niederrhein. Ihr standet im letzten Jahr auf der Parookavillemainstage, habt auf einer ganzen Reihe an Festivals in Deutschland gespielt – jetzt geht‘s auf die Freedom Stage beim Tomorrowland. Wie oft kneift ihr euch eigentlich morgens, um zu checken, ob das alles nur ein Traum ist? 

Marius: Uff… Ganz ehrlich, kneifen reicht nicht. (lacht) Wir können das alles noch gar nicht realisieren was in den letzten 3 Jahren alles passiert ist. 

Sebastian: Wir haben im letzten Jahr rund 50 Shows gespielt, darunter Festivals wie Parookaville, New Horizons, Q-Base aber auch als Support bei Clubshows für Künstler wie Marshmello, Tiesto, Kayzo, Slander, Lny Tnz, Frontline, Dirtcaps und viele mehr. Das ist schon krass. 

Woher kommt euer Name und hat eigentlich inzwischen jemand eure „Identity“ wiedergefunden? 

Marius: Ich glaube, wir haben sie inzwischen selber gefunden. Der Name kommt daher, dass wir bis 2015 noch alleine unter unseren alten Namen, bzw. Identitäten MG92 und Semixx aufgelegt haben. Oft wurden wir aber beide für die gleichen Partys gebucht und dabei haben wir oft b2b gespielt. 

Sebastian: Das hat uns so gut gefallen, dass wir beschlossen haben unsere alten Identitäten abzulegen und nur noch zusammen unter Lost Identity aufzulegen. 

Tomorrowland Lost Identity

Wenn euch vor 5 Jahren jemand gesagt hätte: 2018 steht ihr mal mit Sebastian Ingrosso, Alesso & Otto Knows auf einer Stage auf dem Tomorrowland, was hättet ihr gesagt? 

Marius: Wir hätten wohl laut gelacht. Auch als wir von unserem Freund und Manager Bernd die Info bekamen, dass es klappt und dann sogar auf der Freedom Stage, kamen wir erst mal gar nicht mehr klar. 

Sebastian: Als der Anruf von Bernd kam, dachte ich erst, er würde mich verarschen. Aber dann hat er die Mail vom Tomorrowland Chef weitergeleitet und der Tag war dann gelaufen, weil das so unreal ist. 

Was macht ihr, wenn ihr nicht auf der Stage steht? (Jobs etc.) Schon mal drüber nachgedacht auf Vollzeit zu gehen? 

Sebastian: Ich bin hauptberuflich Fachinformatiker bei einer Behörde in Düsseldorf, aber wenn das so verrückt weitergeht wie bisher, dann wird das schwierig. 

Marius: Ich bin gelernter Veranstaltungskaufmann und arbeite seit drei Jahren im Artist Team von Parookaville. Die Jobs werden wir auf jeden Fall erst mal behalten, weil wir trotz der vielen Bookings noch lange nicht davon leben können. Bis es soweit ist, liegt noch eine Menge Arbeit vor uns. 

Euer Set auf dem Parookaville, oder auch im Bootshaus sind … ich sag mal Wild… Für welchen Sound steht Lost Identity eigentlich? 

Sebastian: Wir sind definitiv von der härteren Soundfraktion. Hardstyle, Trap und Dubstep ist auch privat unser Ding. Das besondere bei unseren Sets ist dann, dass wir die drei Genres miteinander kombinieren, quasi „Fxck Genres“. 

Lost Identity Tomorrowland

Ihr seid zuletzt bei Beatport mit eurer Single auf Klash Records (Armada Sublabel von Dirtcaps) gechartet. Der Song gehört ja nun eher zur Hardstyle Fraktion. Könnt ihr euch auch vorstellen mal ne Deep House Nummer zu machen? 

Marius: Im Moment sicher nicht. Wir haben ja früher zunächst progressiven Big-Room-Sound gespielt, aber unsere Leidenschaft sind die härteren Sachen und dafür wollen wir auch ganz klar stehen. 

Sebastian: Die Nummer bei KLASH ist jetzt auch nur der Anfang. Wir haben vor wenigen Wochen noch zwei weitere Tracks bei Wolfclan, dem Sublabel von Dirtyworkz gesigned, die in den nächsten Wochen raus kommen. Wer das Label kennt, weiß es ist alles andere als Deep House. 
Aber hey, Armin van Buuren, Marshmello und Co. machen inzwischen auch Radio taugliche Tracks. Ich will für uns langfristig nichts ausschließen. 

Marius: … außer Schlager. (Lacht)

In Deutschland werden Erfolge von anderen meist eher kritisiert, denn hochgradig gefeiert. Was waren die ersten Reaktionen, die euch erreicht haben, nachdem das LineUp vom Tomorrowland veröffentlicht wurde? 

Sebastian: Wir waren sehr überwältigt, weil sich so viele für uns gefreut haben, das hat uns noch mal umgehauen.

Marius: Es war wirklich schön zu sehen wie positiv das Feedback war, auch weil wir in den letzten drei Jahren hart dafür gearbeitet haben, in dem wir oft im Studio waren, Kontakte zu anderen Künstlern aufgebaut haben und einfach bei jeder Show versuchen das Beste zu geben. 

Ich hab unter einem Post auf Facebook gelesen: „Ha, Tomorrowland, wie viel habt ihr denn dafür bezahlt“? Na was hat es euch denn nun gekostet? 

Marius: Ja, den Kommentar haben wir gesehen, aber es ist in der Tat andersrum, wir bekommen, wie bei jedem anderen Booking, unsere ganz normale Fee. Kein Witz.

Sebastian: Geholfen hat sicher unser Auftritt auf der Parookaville Mainstage letztes Jahr und seit einigen Wochen sind wir für internationale Bookings bei der belgischen Agentur „Platform Agency“ gesigned, die einen guten Draht zum Tomorrowland hat uns inzwischen auch auf viele andere große Festivals bringt. 

Lost Identity Tomorrowland Parookaville

Ihr seid nun Vorbilder für viele – wie kommt man denn vom Dorf aufs Tomorrowland Festival? Was sollten sich Nachwuchstalente, die euch dieses Jahr vielleicht auf einem eurer Auftritte sehen unbedingt auch auf die Agenda schreiben?

Marius: Du meinst wir sind Vorbilder? Echt? Puh, das ist uns so gar nicht bewusst, weil im Moment alles so schnell geht wir kaum Zeit zum Realisieren haben und wir echt am Boden bleiben wollen. 

Sebastian: Was wir aber aus den Erfahrungen der letzten Zeit weitergeben können:  Es ist harte Arbeit und man muss konsequent abliefern. Es gibt in unserer Branche nichts Wichtigeres als gute Kontakte. Wir haben zum Beispiel immer ein paar Sticks mit aktuellen Tracks, Presse-Bildern und Vita in der Tasche, um sie an größere Künstler zu geben, die wir bei unseren Shows treffen. 

Als letztes noch: Auf dem Parookaville Festival, wo ihr ja Resident-DJs seid, kann man ja auch Postkarten an Mutti verschicken, sich Tättowieren lassen, Bungee-Springen, Heiraten oder ein Seepferdchen machen… Wenn ihr euch eins davon aussuchen müsstet, was wäre es?

Marius: Äh… also das meiste haben wir schon gemacht. Auf jeden Fall haben wir schon geheiratet und uns Tattoos stechen lassen. Meine Mutti ist eh beim Parookaville, also braucht sie keine Postkarte. (lacht) Fehlt noch das Seepferdchen.

Sebastian: Marius, wie wär‘s mit einem Tandem Bungee-Sprung?

Marius: Auf gar keinen Fall! Ich spring allenfalls vom Beckenrand am Pool. 

Vielen Dank für das Interview.


DJ Mag Redaktion

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