Die Clubkultur in Deutschland steht unter Druck: Eine aktuelle Studie zeigt, dass ohne staatliche Unterstützung mehr als die Hälfte der Musikclubs in den nächsten zwölf Monaten schließen könnte. Steigende Kosten und sinkende Besucherzahlen gefährden nicht nur die kulturelle Vielfalt, sondern auch die Nachwuchsförderung – ein Alarmsignal für die gesamte Musiklandschaft.
Die deutsche Clubkultur steht vor einer existenziellen Krise
Nach der aktuellen Umfrage der LiveKomm (Bundesverband der Musikspielstätten) und mehrerer Landesverbände (u. a. Berlin, Hamburg, Köln) sieht sich mehr als die Hälfte der Musikclubs nicht in der Lage, in den nächsten zwölf Monaten ohne staatliche Unterstützung weiter zu existieren. Die Umfrage hatte eine Rücklaufquote von 16 % der Mitgliedsbetriebe, was sie zu einem repräsentativen Abbild der bundesweiten Clublandschaft macht. Die Ergebnisse zeichnen ein bedrückendes Bild: Kostensteigerungen, Besucherschwund und sinkende Einnahmen gefährden die kulturelle Vielfalt – und damit die Basis der deutschen Musiklandschaft.
Clubs als Herzstück der Musikszene
Die Bedeutung der kleinen und mittleren Clubs für die Musikbranche ist immens. 65 % der befragten Clubs haben Kapazitäten von bis zu 450 Personen und sind damit von den aktuellen Herausforderungen besonders betroffen. Hier werden Talente entdeckt, erste Bühnenerfahrungen gemacht und Fans erleben die Magie der Live-Musik in intimer Atmosphäre. Doch gerade diese Orte sind von der Krise am stärksten betroffen. 62 % der Clubs gaben an, ihr Programm drastisch einschränken zu müssen – ein herber Schlag für Nachwuchskünstler und die Musik von morgen.
„Ohne diese Option bricht der ‚Circle of Live‘ der Branche, in dessen Rahmen Newcomer zu Stars werden und so später Gewinne generieren.“, so die LiveKomm. Mit weniger Auftrittsmöglichkeiten sinkt nicht nur die Vielfalt der Musiklandschaft, sondern auch die Innovationskraft der Branche.
Warum Clubs unter Druck stehen
Nach den Entbehrungen der Corona-Pandemie glaubte man, die Clubkultur sei wieder auf dem Vormarsch. Doch steigende Energie- und Produktionskosten, Inflation und ein verändertes Freizeitverhalten setzen der Branche erneut zu. Eintritts- und Getränkepreise können diese Entwicklung kaum auffangen, da höhere Preise die ohnehin rückläufigen Besucherzahlen noch weiter reduzieren würden.
Die LiveKomm weist darauf hin, dass hinter den aktuellen Problemen auch große Investitionsbedarfe stecken. Behördliche Auflagen, soziale Nachhaltigkeit und technische Modernisierung sind dringend erforderlich – hier könnte das neue Pilotprogramm „Bundesschallschutz“ wichtige Hilfen bieten.
Diese Herausforderungen führen zu düsteren Aussichten: 43% der befragten Clubs erwarten eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation bis 2025, 16% denken über eine Schließung nach.
Politik in der Pflicht
Die Politik muss handeln, um die Clublandschaft und ihre Bedeutung für Demokratie, Vielfalt und kulturellen Austausch zu erhalten. Claudia Roth, Kulturstaatsministerin, betonte kürzlich bei der Nachtkultur-Konferenz „Stadt Nach Acht“, wie wichtig die Clubkultur für eine lebendige Demokratie ist. LiveKomm-Vorsitzender Mankel Brinkmann fordert eine bessere finanzielle Ausstattung bestehender Förderprogramme wie „Live 500“ und des Festivalförderfonds der Initiative Musik. Darüber hinaus seien Investitionen in soziale Nachhaltigkeit, technische Ausstattung und behördliche Auflagen dringend notwendig.
„Im Vergleich zu anderen Haushaltsposten wären die benötigten Mittel gering, sie könnten jedoch entscheidend dazu beitragen, den Fortbestand und damit die Vielfalt und Lebendigkeit unserer Livekultur zu bewahren. Gerade angesichts der akuten Gefahren für die Demokratie brauchen wir heute und auch in Zukunft eine lebendige Clubszene, die Diversität und Austausch fördert.“
Mankel Brinkmann, 1. Vorsitzender der LiveMusikKommission
Die Situation erinnert an Großbritannien, wo seit 2020 fast 400 Clubs schließen mussten – ein Szenario, das auch hierzulande droht, sollte nicht schnell gehandelt werden.
Handeln für die Zukunft der Clubkultur
Die Clubkultur ist nicht nur ein Ort für Musik, sondern ein sozialer Raum, der Austausch, Kreativität und Gemeinschaft fördert. Ihre Rettung erfordert jetzt entschlossenes Handeln von Politik und Gesellschaft. Ohne Unterstützung droht ein kultureller Verlust, der weit über die Musik hinausgeht. Es ist an der Zeit, die Warnsignale ernst zu nehmen – für die Musik, für die Künstler und für die Fans.
Fotocredit: Alexander Popov
Franz Beschoner
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