5 Mentaltipps für DJs: So bleibt ihr auch auf Tour geistig gesund!

5 Mentaltipps für DJs: So bleibt ihr auch auf Tour geistig gesund!

Gerade erst hat Drew Taggart von den Chainsmokers auf Instagram das Wort ergriffen und offen über seine Depressionen gesprochen. Doch was kann man gegen Stress und Co. tun? Unsere Redakteurin Marie hat mit Mentaltrainerin Magistra Regina Swoboda über Tipps und Tricks gesprochen.

Stress begleitet so gut wie jeden Menschen im Alltag. DJs bekommen ab und zu eine Menge davon ab. Was würden Sie DJs raten zu tun, wenn der Stress Überhand nimmt – wie kann man davon Abstand gewinnen?

Wie wir alle wissen, kommt Stress nicht über Nacht. Meistens beginnt Stress ganz harmlos. Anfänglich empfinden wir diese Momente der erhöhten Aktivierung als etwas Prickelndes – wir fühlen uns motiviert, wenn wir in Bewegung kommen, etwas tun können, vor allem, wenn wir es mit Begeisterung tun. Aber gerade dann, wenn man für eine Sache brennt, ist es oft noch schwieriger, die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit zu ziehen. Wir haben einen Termin nach dem Anderen und es bleibt keine Zeit mehr für sich selbst.

Diese Zeit ist aber immens wichtig, um wieder in den Ausgleich zu kommen. Hier ist es wichtig, dass wir – genauso wie wir das mit anderen tun – Termine mit uns selbst vereinbaren. Das klingt am Anfang etwas lustig, aber im Endeffekt lernt unser Gehirn dadurch, dass wir uns selbst genauso wichtig sind. Wenn ich mit Klienten arbeite, dann empfehle ich sogar, diese Termine mit sich selbst auch wirklich in den eigenen Timer einzutragen.

Und hier geht es nicht um mehrere Tage Urlaub, nein, es geht um das Energie tanken im Alltag. Wir haben keinen Akku, den wir über die Steckdose aufladen können – aber wir können unsere Kräfte durch kurze Pausen relativ schnell wieder aktivieren. Ich nenne diese Orte, um Kraft zu tanken „ABC-Orte“ – Auto, Bad, Clo – Wissenschaftler haben herausgefunden, dass oft schon zwei Minuten reichen, um unseren Stresslevel massiv zu verringern. Dazu habe ich als DJ sogar während eines Gigs Zeit. Ein paar Mal tief in den Bauch atmen oder eine Minute lang grinsen sind bewährte Methoden, um das Stresshormon Cortisol binnen kurzer Zeit zu verringern.

Viele DJs sind auch durch das Tourleben mit Heimweh konfrontiert. Was sind gute Strategien, um mit diesem Phänomen umzugehen?

Wir Menschen neigen dazu, Gefühle, die wir als unangenehm empfinden, „weghaben“ zu wollen. Bin ich jedoch länger nicht an einem Ort, an dem ich mich wohl oder verbunden fühle, dann ist es doch sehr nachvollziehbar, dass ich hier ein Gefühl von Wehmut oder Trauer spüre. Im Mentaltraining arbeiten wir zu Beginn eines jeden Veränderungsprozesses mit der Akzeptanz. Wobei wir unter Akzeptanz nicht verstehen „die Situation gut finden“, sondern einfach zu akzeptieren, wie es gerade ist. Akzeptiere ich also in diesem Moment das Heimweh – und das ist das Einzige was ich in diesem Moment des Spürens tun kann – erreiche ich nämlich etwas sehr Wertvolles: Ich beende den inneren Kampf im eigenen Kopf.

Habe ich die Situation und das Gefühl, das die Situation auslöst, akzeptiert, dann kann ich zum nächsten Schritt übergehen – nämlich mich zu fragen, was das Positive an der jetzigen Situation ist. „Energie folgt der Aufmerksamkeit“ lautet eine mentale Theorie, das heißt es ist in diesem zweiten Schritt wichtig, mir vor Augen zu führen, was an der Situation auch gut sein kann. Und da ist es am besten, wenn ich mir das schriftlich notiere. Damit habe ich nämlich auch in den kommenden Momenten des Heimwehs schon ein Notfallpaket an förderlichen Gedanken und guten Gründen, warum es mir auf Tour Spaß macht.

Für Künstler sind Kreativblockaden nichts Unbekanntes. Ab und zu will das Produzieren als DJ nicht so richtig klappen. Wie geht man mit solchen Hindernissen richtig um und was macht man, wenn man nicht fokussiert bleiben kann? 

Da fällt mir gleich ein ganz bekannter kreativer Herr ein – nämlich Walt Disney. Er pflegte zu sagen. „If you can dream it, you can do it.“. Damit hat er eigentlich gleich zwei Elemente des mentalen Trainings vereint, die wichtig sind, um die eigene Kreativität fließen zu lassen: Zum einen ist es unsere Vorstellungskraft. Wir Menschen haben diese Kraft in uns. Wir benützen sie vorwiegend dafür, um uns vorstellen, was alles Schlimmes passieren kann.

Die moderne Gehirnforschung weiß aber auch, dass unser Gehirn alleine durch die Vorstellungskraft Veränderungsprozesse im Körper aktivieren kann. Vorstellungskraft ist aber nicht nur etwas Visuelles, sondern findet in allen Sinnen unseres Körpers statt – also auch im auditiven Bereich. Wenn man es so betrachtet, würde es auch keine Kreativblockaden geben. ABER: Die Voraussetzung, dass wir unsere Vorstellungskraft aktivieren können, ist, dass wir uns in einem entspannten Zustand befinden. Dieser Zustand heißt im Fachjargon Alpha-Zustand. Gemeint ist jener Zustand, in dem wir am besten tagträumen können. Erst wenn ich in diesem Zustand bin, habe ich Zugang zu meiner Kreativität, zu meinen inneren Bildern oder Songs.

Wenn ich also versuche, krampfhaft einen Track zu erarbeiten, dann werde ich zwangsläufig scheitern. Mit dem Verstand hat noch selten jemand kreativ gearbeitet. Druck erzeugt Gegendruck, und das kennen wir alle, da geht dann gar nichts mehr. Übrigens: Den Alpha Zustand zu erreichen, geht relativ einfach: Es ist das allbekannte „Narrenkästchen Schauen”, also mit dem Blick von Spot auf Weitobjektiv schalten, und das können wir alle.

Thema Mutlosigkeit, wie kann man sich vor dem Gig Mut zusprechen?

Indem man es tut. Nein, ernsthaft: Vor dem Gig ein „Selbst-Motivations-Coaching“ einzulegen, ist das Beste, was man machen kann. Besser ist es noch, wenn ich das überhaupt für mich als einen fixen Teil meines Arbeitslebens sehe und mir nicht nur ein Mal, sondern regelmäßig sage, wie unsagbar cool ich bin.

In diesem Job geht es ja neben der Musik vor allem auch um die richtige Performance. Man steht als Person im Mittelpunkt. Wenn ich mir davor – oder auch schon länger davor sage, was ich alles nicht kann, wo meine Schwächen und meine Fehler liegen, dass mich eh niemand gut findet und dass der Gig schwach wird, was meinen Sie, wird dann passieren? Richtig, es wird höchstwahrscheinlich so sein. Und dann verlässt mich der Mut. Und dann geht beim nächsten Mal noch weniger. Wir nennen das die Selbstwert-Negativspirale. Es geht also darum, mir mich selbst und den Gig bestmöglich vorzustellen.

Ich kann mir jeden Tag sagen, was ich heute gut gemacht habe, und warum ich zu Recht sagen kann, dass ich ein guter DJ bin. Wenn ich das regelmäßig trainiere und den Fokus darauf richte, dann werde ich eine ziemlich große Portion Mut mit zum Gig bringen. Und eines noch zum Abschluss: Auch wenn davor die Angst kommt, dann hier noch ein Tipp: Angst ist nicht das Gegenteil von Mut, Angst ist ein Teil davon.

Vielen herzlichen Dank für das spannende Interview! 

PS: Hier könnt ihr mehr über die Arbeit von Frau Magistra Swoboda erfahren!

Fotocredits: Rukes

Zur Person

Magistra Regina Swoboda ist Leiterin des Instituts "mental erleben" in Wien und ist mehrfach diplomiert. Unter anderem ist sie ausgebildete Mentaltrainerin, Mentalcoach sowie zertifizierte Fachtrainerin in der Erwachsenenbildung und besitzt Expertise im Fachbereich "Burnout Prophylaxe" sowie "Resilienztraining". Abseits arbeitet die Mentaltrainerin eng mit Hirnforschern zusammen und ist oft bei Kongressen zu Gast.


Marie Kaltenegger

Marie Kaltenegger