Farrago über sein Album: „Ich wusste nicht, ob ich es noch in mir habe“

Farrago über sein Album: „Ich wusste nicht, ob ich es noch in mir habe“

Die Techno-Szene strotzt gerade vor neuen Artists, die einen großen Sprung wagen. Einer sticht dabei besonders heraus: Farrago macht vieles anders und setzt damit ein Statement. Diesen Sommer hat er bei Festivals wie dem Lausch Open-Air nicht nur seine besondere Story, sondern auch sein neues Album „Blesssed“ dabei.

Farrago im exklusiven Interview mit DJ Mag Germany

DJ Mag: Farrago, dein erstes Album, das du zunächst während deiner Erholung von einem Schlaganfall produziert hast, wurde releast! Zunächst mal: Wie bist du das Projekt angegangen?

Farrago: Ich bin ehrlich: Dieses Album war eigentlich gar nicht so richtig geplant, ich habe mich nie wirklich hingesetzt, mit dem Ziel ein Album zu produzieren. Ich habe immer davon geträumt, habe aber nie den richtigen Moment dafür gefunden. Als ich mit der Reha fast durch war, habe ich mich aber dazu entschlossen das anzugehen. Davor hatte ich aber fast 2 Jahre lang keine Musik produziert, auch weil ich Angst davor hatte ins Studio zu gehen, weil ich ehrlicherweise gar nicht wusste, ob ich es noch in mir habe. Die Ärzte haben mir gesagt, dass mein Gehirn ziemlich viel Schaden genommen hat, ich musste also echt ausprobieren, ob ich das so überhaupt noch kann.

Irgendwann habe ich dann, als ich im Wohnzimmer gechillt habe, Ableton geöffnet und tatsächlich ist ziemlich schnell etwas dabei rumgekommen. Daraus ist dann „Ducky Tribal Mission“ und damit auch das Thema für das Album entstanden.

DJ Mag: Wie hat dein Heilungsprozess deine kreative Ader beeinflusst? Hat das auch einen Einfluss auf das Album gehabt?

Farrago: Ich bin ehrlich: Ich habe eigentlich währenddessen an nichts Künstlerischem gearbeitet, mein Heilungsprozess hat mir echt alles abverlangt. Morgens ins Gym für die Physio, dann Mittagsessen und ein Nickerchen, noch mehr Entspannen und dann ab ins Bett – das für fast ein Jahr! Diese Schäden zu reparieren, ist so unfassbar anstrengend. Diese Herausforderung hat meine Sicht aufs Leben aber auch verändert. Ich habe mich entschieden, nichts, was mir wichtig ist, mehr in die Zukunft zu schieben. Man muss es so klar sagen: Das Leben kann leider sehr abrupt enden.

Farrago über Inspiration, sein neues Album und sein eigenes Label

DJ Mag: Wo ist denn die Inspiration für die Tracks hergekommen? War das etwas, was dir jeweils in dem Moment gekommen ist, oder hatte sich das schon angestaut?

Farrago: Ich wollte etwas Zeitloses schaffen, also bin ich es eher minimalistisch angegangen. Ich habe mich sehr auf interessantes Sound-Design und Arrangements konzentriert. Bevor ich Techno für mich entdeckt habe, war ich von Electro, Minimal, House und Trance begeistert, das hatte also einen großen Einfluss. Die einzelnen Tracks kamen mir dann ziemlich schnell, als ich mich dazu entschieden habe alles in eine ähnliche Richtung wie „Ducky Tribal Mission“ zu bauen. Ich habe Inspiration in alten Filmen gefunden, die ich während Covid geschaut habe und habe Samples aus Scheiben aus unserer Platten-Kollektion genutzt, die ich zu der Zeit organisiert habe. Ich glaube aber, die meisten Ideen waren schon lange in meinem Kopf, bevor ich mich dann schließlich dazu entschieden habe, sie für ein Album zu verwenden.

DJ Mag: Hat dein Album auch einen Einfluss auf deine Pläne für dein neues, eigenes Label Vermillion Trax gehabt? Was ist deine Vision für dieses Projekt?

Farrago: Vermillion Trax wird ein Hafen für all die geilen Demos sein, die ich von wirklich unzähligen super coolen Artists in den vergangenen Monaten zugesendet bekommen habe. Ich wollte ihnen einfach die Aufmerksamkeit geben, die sie so was von verdienen. Es gibt wirklich immer noch so viele unentdeckte Talente da draußen. Der Hauptgrund für Vermillion Trax war aber, dass ich nicht mehr von anderen Leuten abhängig sein wollte, wenn es darum geht künstlerische Entscheidungen zu treffen. Timing ist gerade echt alles und ich wollte einfach die Möglichkeit haben Singles zu veröffentlichen, wenn sie gerade super heiß sind. Das Label wird sich jetzt erst mal auf das Digitale konzentrieren, für größere Projekte wird es aber auch für Sammler so richtig interessant. Für mein Album veröffentlichen wir bspw. eine kleine Stückzahl an CDs und T-Shirts.

DJ Mag: Wenn wir jetzt auf das blicken, was du gerade geschaffen hast: Was magst du lieber – etwas für ein Album zu produzieren oder Sachen einfach als Singles oder kleine EPs zu veröffentlichen?

Farrago: Eigentlich war der Plan nur dieses eine Mal ein Album zu machen, hauptsächlich um es von der Bucket List zu streichen. Aber das Feedback und der Hype sind echt krass und ich bin der festen Überzeugung, dass selbst in dem heutigen Musik-Business dieses Format immer noch hervorragend funktioniert. Man muss das Ganze einfach nur richtig vermarkten. Singles zu veröffentlichen, um die Spannung zu steigern, hat dieses Mal ziemlich gut funktioniert. Aber jetzt kann ich es kaum erwarten, dass die Leute das Album auch in seiner Gänze hören. Von EPs will ich aber in Zukunft weggehen und mich mehr auf Singles konzentrieren, so viel steht fest.

Farrago über Techno-Wachstum, Social Media und seine Lieblings-Techno-Stadt in Deutschland

DJ Mag: Die Erholung von deinem Schlaganfall verlief quasi gleichzeitig zur Coronapandemie und dem Re-Start der Dance-Musik-Szene. Du hattest auf diese Situation von außen wirklich einen einzigartigen Blick … welche Veränderungen hast du beobachtet? Was für neue Sachen fandest du sofort interessant?

Farrago: Man kann auf jeden Fall das immense Wachstum von Techno auf Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube nicht ignorieren. Das hat einfach eine ganz neue Welle von Ravern angelockt und Techno wurde sicherlich etwas mehr Mainstream wegen der ganzen Öffentlichkeit in den sozialen Medien. Ich habe aber keine Meinung, ob das eine gute oder schlechte Sache ist. Für diejenigen, die nach mehr Möglichkeiten für sich suchen, gibt es diese auf jeden Fall jetzt.

DJ Mag: Haben diese Plattformen denn auch beeinflusst, wer zu deinen Shows kommt?

Farrago: Das alles muss auf jeden Fall einen Einfluss auf die Crowds gehabt haben, aber ich glaube ehrlicherweise, dass der Einfluss für Mode und Fashion noch viel größer ist. Wenn es nicht zu meinem Job dazu gehören würde, hätte ich wohl gar kein Social Media. Ich hatte eigentlich nie das Bedürfnis dazu, mein Leben mit Menschen so direkt zu teilen. Und was ich schon gar nicht brauche, ist irgendwelche Situationen zu simulieren oder Content mit mir als dem Hauptcharakter zu produzieren. Manchmal wünsche ich mir echt, ich wäre ein DJ in den 90ern und müsste einfach nur Musik produzieren und gelegentlich ein paar Shows spielen.

DJ Mag: Okay … letzte Frage! Weil wir das DJ Mag Germany sind, müssen wir das einfach wissen: Was ist deine Lieblings-Techno-Stadt in Deutschland – Berlin oder Frankfurt?

Farrago: Ich lege in ein paar Wochen tatsächlich das erste Mal in Frankfurt auf – kann ich also so noch nicht beantworten.

Es wird aber auf jeden Fall schwer sein, meine Erfahrung in Berlin zu toppen, ich hatte wirklich einige meiner besten Nächte dort, sowohl als Raver als auch als DJ. Gleichzeitig kann man aber die Bedeutung von Frankfurt für Techno nicht häufig genug betonen. Ich freue mich echt ziemlich – wie auf alle deutschen Open Airs diesen Sommer.

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Farrago live erleben

Wer Farrago inklusive seines neuen Werks erleben will, bekommt diesen Sommer in Deutschland dafür beispielsweise beim Lausch Open Air die Möglichkeit. Tickets für das Techno-Wochenende in der Natur des Osnabrücker Landes sind noch in begrenzter Stückzahl verfügbar.

Fotocredit: Claudia Baumlin

Schon gewusst?

Farragos Songs liefen in den vergangenen Jahren auf dem Awakenings, auf der Time Warp oder auf dem Verknipt Festival. Adam Beyer, Amelie Lens, Bart Skils, Maceo Plex, Nicole Moudaber, Nina Kraviz, Pan-Pot – sie alle und viele mehr gehören zu den Supportern.


Henri Johna

Henri Johna